Hallo zusammen,
der Titel sagt es eigentlich schon...
Ich würde diese Frage gerne diskutieren und Meinungen und Erfahrungen hören.
Ich hab in letzter Zeit immer wieder Unternehmensmandanten, die nach kurzer Zeit aus diversen Gründen wieder weg sind.
Z.B. zuletzt dieser Fall: Neuer Mandant übernimmt zum 1.12.24 einen bestehenden Betrieb. Ich mache die Anmeldung beim Finanzamt, BG, Betriebsnummer etc. Ich rechne die Löhne Dezember und Januar ab.
Mitte Januar bringt man mir die "Buchführung" für Dezember: Ein Stapel, so groß wie ein Ziegelstein, mit Gummiband zusammengebundener Kassenbons ohne jede Sortierung. Nachdem mein Blutdruck wieder unten war, besprechen wir, wie die Buchhaltung aussehen muss und was nachgeliefert bzw. nachbearbeitet werden muss. Ende Januar kommt der Anruf, dass ein anderer Steuerberater das Mandat übernimmt, der aber leider kein Datev hat.
Jetzt darf ich die Lohndaten 10 Jahre aufbewahren?
2. Fall: Potenzieller Mandant meldet sich. Er betreibt ein Kosmetikstudio. In diesem Studio hat er einen Raum an eine andere Kosmetikerin untervermietet.
Wir sitzen zu dritt 2 Stunden zusammen und sprechen über die mögliche Zusammenarbeit. Man merkt, dass die Untermieterin zögerlich ist. Dann melden die beiden sich ein Jahr lang nicht. Dann meldet er sich wieder und berichtet, die Kollegin "ist jetzt weg". Er will jetzt aber Mandant werden. Der alte Berater hat alles falsch gemacht, sich um nichts gekümmert etc. Buchführung der letzten beiden Jahre ist nicht auf dem aktuellen Stand. Es dauert 4 Monate, bis der alte Berater die Daten übermittelt. Wir vereinbaren, dass ich die Lohnabrechnungen sofort aktualisiere und er mir für die Buchführungen erst einen Vorschuss zahlt. Der Vorschuss kommt nie an. Nach wenigen Monaten stelle ich die Lohabrechnung ein. Eine selbständige Buchhalterin, die natürlich kein Datev hat, übernimmt.
3. Fall. Handwerksbetrieb (Fugentechnik). Die Frau ist Inhaberin, ihr Mann ist bei ihr angestellt. Ich übernehme die Daten vom Vorberater. Antwort vom Vorberater auf die Frage, warum kein Baulohn abgerechnet wird: "Das ist als Handelsbetrieb gemeldet".
Sehr praktisch, wenn der Mann auf der Baustelle angetroffen wird.
Ich spreche die Frau auf das Thema Baulohn an. Sie versteht nichts. Die Lohnzahlungen an Ihren Mann sind aus der Fibu nicht ersichtlich. "Wurden bar bezahlt". Wo kommt das Bargeld her?
Die Firma hat nur einen Auftraggeber, der die Rechnungen mit seinen Materiallieferungen verrechnet und nur den Saldo auszahlt. Scheinselbständigkeit?
Ich spreche die Frau darauf an. Sie versteht nichts. Ich lege das Mandat nieder. Die selbe Buchhalterin wie im Fall 2 übernimmt.
4. Fall: Neuer Mandant betriebt einen Frisörladen. Nach gut einem Jahr meldet er das Gewerbe ab und verschwindet im Ausland.
Ich ärgere mich zum einen um die Kosten der Datenaufbewahrung und auch um die verlorene Mühe, die man in solche Mandate steckt. Ich könnte meine Zeit besser in langfristige gut organisierte Betreibe stecken. Nach jetzt über 11 Jahren Selbständigkeit habe ich die Erfahrung gemacht, dass man sich Mandanten, egal ob neue oder bestehende Betriebe, erst richtig "erziehen" muss. Viele Buchhaltungen muss man erstmal ein ganzes Jahr lang machen, um den Betrieb wirklich zu verstehen. Danach läuft es gut, der Mandant macht gut mit und es sind gute Deckungsbeiträge für mich zu erzielen.
Bei den o.g. Fällen ist das unmöglich.
Wie seht ihr das? Wie schützt Ihr euch davor? Oder ist das völlig normal und ich hatte einfach nur Pech, dass ich diese Fälle jetzt in letzter Zeit gehäuft hatte? Evtl. weil viele Kollegen keine neuen mehr annehmen?
Danke und Gruß
Hallo,
im Angebot führen wir eine Datenarchivierungspauschale im Falle der Mandatsbeendigung auf um die ganzen Datevgebühren abzudecken.
Ansonsten mit hohen Buha-Gebühren starten und in Aussicht stellen, dass diese geringer werden.
Bei Kosmetiker & Frisör stehen mir die "Haare zu Berge"
Kann man fast pauschal nicht annehmen sowie Gastro.
I.d.R. 0 kaufmännisches Verständnis oder "Dreck" am stecken, so unsere Erfahrungen
Hallo,
vorneweg: Ich bin kein Berater, sondern nur Angestellter, den man ab und an nach seiner Meinung fragt.
Wir haben in der Kanzlei stets versucht so gut wie möglich zu selektieren und potentielle Neumandate gut zu filtern. Allerdings kann man den Leuten sowieso nur vor den Kopf gucken und auch wir können uns glaube ich in einigen von Ihren Erzählungen wiederfinden.
Eine Möglichkeit wie wir filtern ist ein Gebührenrechner. Prinzipiell handelt es sich um eine schlaue Excel-Liste, die anhand von betriebswirtschaftlichen Daten und ein paar Infos zu Arbeitnehmern monatliche FiBu- und Lohngebühren ausspuckt. Mit diesen Werten geht mein Chef dann in die Erstgespräche.
Die Mandanten erhalten vorher eine Vereinbarung darüber, dass das Erstgespräch pauschal mit 120€ abgerechnet werden darf. Die Info, dass das Erstgespräch abgerechnet wird, nennen wir bereits vor Vereinbarung des Termins. Oftmals springen dann schon Interessenten ab. Auch hierüber lässt sich filtern.
Für mich als Angestellter ist das ganze berufsrechtliche Thema von Mandantenüberträgen einfach nur kompletter Wahnsinn. Ich möchte hier keinen Nebenkriegsschauplatz aufmachen, aber eigentlich wäre allen geholfen wenn zumindest die Mandantenüberträge sauber laufen würden. Ihren Frust dazu kann ich mehr als nachvollziehen. Eine Möglichkeit sich vor dem Unwillen mancher Berater zu schützen, kenne ich leider nicht.
Ich drücke Ihnen dennoch die Daumen für die Zukunft!
Beste Grüße
Danke für die ersten Antworten, die mir schonmal deutlich weiter helfen.
Eine Datenspeicherpauschale müsste man separat vereinbaren, oder? Auf jeden Fall eine sehr gute Idee.
Hohe Buchhaltungsgebühren sind natürlich schwer, wenn es gar nicht erst zur Buchhaltung kommt.... Und für die paar Löhne dürfte das kaum möglich sein, den gesamten Aufwand abzudecken.
Wie sind so die Reaktionen auf das Honorar für Erstgespräche? Ist das weit verbreitet?
Wie läuft das mit dem Gebührenrechner, wird der im Erstgespräch benutzt und das Ergebnis mit dem Mandanten direkt besprochen?
@Kemper82 schrieb:
Hohe Buchhaltungsgebühren sind natürlich schwer, wenn es gar nicht erst zur Buchhaltung kommt.... Und für die paar Löhne dürfte das kaum möglich sein, den gesamten Aufwand abzudecken.
Welchen Aufwand meinen Sie?
Die Einrichtung der Fibu und Lobu berechnen wir nach Zeit.
Ich meine die Vorgespräche (2x 2 Stunden, diverse Telefonate) bzw. das Gespräch über den "Ziegelstein".
Beratungsgespräche verrechnen
Hallo @Kemper82 ,
ob eine Gebühr für ein Erstgespräch weit verbreitet ist, kann ich nicht sagen. Ich kann nur sagen, dass ich die Idee gut finde. Sofern ein am Markt etabliertes gutes Neumandant zu uns kommt, zahlt der übrigens keine Gebühr für ein Erstgespräch oder manchmal verrechnet der Chef das aus Kulanz mit der ersten Rechnung. Da ist man ja auch flexibel. Hier muss man wohl seine eigenen Erfahrungen machen.
Der Gebührenrechner wird von uns tatsächlich direkt während des Erstgesprächs genutzt. Der Chef hat einen Laptop oder ein Tablett auf dem er dann die Zahlen eintippt. Dann zeigen wir dem Mandanten was einzelne Leistungen oder ein Gesamtpaket aus FiBu, Lohn, Abschluss, Steuererklärungen, Hochrechnungen usw. bei unterster, mittlerer oder höchster Gebühr nach der StBVV kosten würde. Die Leistungen kann man individuell zusammenstellen. Insbesondere die unterste Gebühr ist für viele Gründer auch schon mal ein Realitätscheck.
Mit dem Ergebnis geht es dann ins Gespräch und die Werte werden live ausführlich mit dem Mandanten besprochen. Beispielsweise hat man darüber einen Hebel und kann sagen, dass wenn die Vorbereitung in Unternehmen Online super ist, können wir hier mit der Gebühr noch etwas spielen oder wenn wir beim Lohn immer korrigieren müssen, kostet das pro Korrektur extra. Auch hier ist man super flexibel und es ist vollkommen transparent. Aus dem Gebührenrechner werden die Werte über Platzhalter als Anlage in den StB-Vertrag eingefügt und dann geht der onboarding-Prozess los oder eben nicht.
Beste Grüße
Danke, sehr gute Ideen!
Moin,
ich nehme schon seit längerem gewerbliche Mandate nur nach persönlicher Empfehlung von bestehenden Mandanten, daher habe ich solche Erfahrungen wie Sie nicht gemacht.
Mein AO-Dozent in der Steuerberater-Vorbereitung hat vor 25 Jahren aber schon gesagt, dass wir Steuerberater von den Rechtsanwälten unbedingt lernen müssten, dass ohne die zwei Vs nichts passiert. Er meinte damit Vollmacht und Vorschuss.
Vielleicht probieren Sie mal das folgende:
Nehmen Sie, bevor Sie überhaupt irgendetwas tun, einen Vorschuss i. H. von 500,00 € oder auch 1.000,00 € zzgl. USt - je nach Fall, der dann mit Ihren Aufwendungen verrechnet wird. Das sollte solche Kandidaten, wie Sie die oben beschrieben haben, doch abschrecken.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und in Zukunft nur nette und verlässliche neue Mandanten.
Viele Grüße aus dem Norden,
bfit
@Kemper82 schrieb:Danke für die ersten Antworten, die mir schonmal deutlich weiter helfen.
Eine Datenspeicherpauschale müsste man separat vereinbaren, oder? Auf jeden Fall eine sehr gute Idee.
Wie sind so die Reaktionen auf das Honorar für Erstgespräche? Ist das weit verbreitet?
Nur vorab, ich nehme seit einigen Jahren keine Neumandanten mehr an, daher sind m. Erfahrungen schon etwas älter wie ich selbst auch. Honorare Erstgespräche , wenn daraus ein Komplettmandat folgt , Fibu, Lohn, Abschluss , Steuererklärungen rechne ich das Gespräch nicht ab, wenn es bei dem Erstgespräch bleibt berechne ich abweichend von der Gebührenordnung meinen Stundensatz, was ich natürlich den Mandaten vorher genauso mitteile. In meinen jungen Jahren kamen auch öfters solche Fälle wie von Ihnen erwähnt vor. Man lernt im Zeitablauf aber auch dazu, so das solche Fälle behaupte ich jetzt in den letzten 10-15 Jahren nicht mehr vorgekommen sind. Ganz vermeidbar wird so etwas nie sein, aber wenn dann schon ein vereinbarter Vorschuss nciht kommt , vorher wird nicht begonnen zu arbeiten und der Mandant darauf hingewiesen.
Eines wollte ich zur Ehrenrettung der Berufssparte Kosmetik und Friseure erwähnen, Bitte nicht immer alle über einen Kamm scheren. Ich habe sowol Friseuere wie auch Gastro in der Mandantschaft und würde mit Sicherheit ihrer Meinung - Kollege der das geschrieben hat ist mir entfallen- widersprechen. Allerdings hat der eine hat auch mehr oder weniger know how im kfm. Bereich als der andere.
Hallo @Kemper82 ,
das sind jetzt natürlich extreme Fälle, von denen Sie berichten. Manchmal hat man einen schlechten Lauf und erwischt solle Mandanten in kurzen Abständen.
Wenn ich beim Mandatsübertrag den Vorberater anschreibe, dann bitte ich diesen um einen "kollegialen Hinweis", ob etwas gegen die Übernahme des Mandates spricht. Diejenigen Kollegen, die noch ein bisschen Ehre haben, geben auch entsprechende Hinweise.
Es wird auch immer Mandate geben, die sich 2 Stunden alles anhören und dann auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Das ist Berufsrisiko. Ich verlange für ein Erstgespräch keine Gebühren. Gebe aber auch in einem solchem Gespräch keinen Hinweis auf ein späteres Honorar. Ohne Zahlen und Unterlagen zu kennen, wäre dies unseriös. Das verstehen auch die meisten Mandanten. Wenn ein Mandant im Erstgespräch vermutet: "Das kann ja höchsens x € kosten!", dann schalte ich innerlich bereits ab. Das Mandat werde ich dann voraussichtlich nicht übernehmen.
Wenn ich ein Mandat übernehme und schnell merke, dass der Mandant beratungsresistent, zahlungsunwillig, unpünktlich oder unorganisiert ist, bin ich mir nicht zu schade, die Reißleine zu ziehen und zu kündigen.
Das alles fällt dann für mich unter "Lehrgeld" bezahlen.
Ich bin in der glücklichen Lage nur Mandate anzunehmen, die auf Empfehlung kommen. Der Vermittler muss dann aber sicher sein, dass der neue Mandant zu mir passt. Ansonsten gibt es keine Übernahme.
Sollte tatsächlich ein lukratives Mandat akquiriert werden, versuche ich "Platz zu schaffen", in dem ich C-Mandate dem Markt wieder zuführe.
Alles in allem muss jeder seinen Königsweg finden. Schriftliche Beauftragung und eine Stundensatz-Vereinbarung über "Sonderleistungen" bei Mandatsübernahme, sichern ein gewisses finanzielles Risiko ab.
Ich bin der Meinung, dass selbst wir uns hinterfragen müssen, ob wir manchmal nicht genauso handeln. Beim Arzt, dessen Diagnose uns nicht gefällt, der Malermeister, der nicht anstreichen kann, der Rechtsanwalt, dem wir die Schriftsätze vorbereiten etc. etc.. Dann überlegen wir uns auch, wie wir schnell aus der Angelegenheit rauskommen.
Kölle Alaaf
Martin Heim
ich bin der Meinung, dass die Honorarfrage relativ einfach ist, wenn man von Anfang an transparent kommuniziert.
Man nennt einfach seine Stunden- und 'normalen' Honorare bzw. Honorarspannen oder Zehntelsätze und erwähnt, dass das Honorar bei entsprechendem Mehraufwand auch entsprechend steigen kann.
Das hilft in aller Regel bei der Entscheidungsfindung, ob man Mandant werden möchte oder nicht und ob man selbst an diesem Mandat interessiert ist.
Nicht jeder Mandant passt zu jedem Berater.
Wenn die Chemie stimmt und sich ein Vertrauensverhältnis entwickelt, ist die Honorarfrage meist zweitrangig, vor allem, wenn der Mandant ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis sieht
Es gibt einige Mandanten, die froh sind, zu uns gewechselt zu haben aber es gibt sicher auch welche, die nach einer Möglichkeit suchen, 'Geld zu sparen' oder den Jahresabschluss in Eigenregie zu 'stricken'.
chacun à son goût
Am angenehmsten sind natürlich die Neumandanten, die über Empfehlungen zu uns kommen.
Da muss man in der Regel nicht viel zum Thema Kosten und Honorare erklären, da man quasi schon 'Vorschusslorbeeren' erntet, 'ohne einen Finger zu rühren'.