Hallo, im Anschluss an eine Fahndungsprüfung ließ ich mich nun von einem Fachanwalt für Steuerrecht vertreten. Es gab eine Stundenvereinbarung (300 € pro Stunde). Der Bescheid wurde im Einspruchsverfahren antragsgemäß geändert. Der ursprünglich angesetzte Wert des Grundstücks ist etwa um 27.500.000 € gesunken. Es könnte eigentlich alles so schön sein, wenn mich nicht die Abschlussrechnung aus den Socken gehauen hätte. Zuerst wusste ich nicht, wie man knapp 83,1 Stunden für einen!!! Einspruch brauchen kann. Nach Akteneinsicht wurde es mir klar, weshalb die Rechnung so hoch war. Es lag an der Einspruchsbegründung
Ist es üblich bei 62 Gebäude(-teilen) einen Einspruch von knapp 169 Seiten zuzüglich Anlagen zu verfassen? Zudem wird ganz viel auf ein Rechtsgebiet verwiesen, was mit dem Steuerrecht nichts! zu tun hat. Wieso ist der Einspruch so umfangreich? Reicht nicht auch für jedes Gebäude ein paar Sätze?
Gelöst! Gehe zu Lösung.
Hat der RA sich in ein aus 62 Teilen bestehendes Grundstück eingearbeitet und dann ein Strafverfahren und auch noch 27.5 Mio Grundbesitzwert verschwinden lassen?
Der Freitag ist gerettet. Das wird bestimmt eine interessante Unterhaltung......
Weiß nicht, aber vor ein paar Jahre hatte ich Schulungen betreffend Immobilienbewertungen - da kann/muss man viel Zeit investieren. Es gibt soviel Faktoren die da mit einfließen und 62 Gebäude(-teile) ist schon eine ordentliche Hausnummer und bei 300 Euro/Stundenvereinbarung kommt da eine gehörige Summe zustande.
mfg
Ich habe dann mal die 169 Seiten Einspruchsbegründung durch die 62 Objekte dividiert. Wenn man jetzt noch die Höhe der Honorarrechnung wüsste, dann könnte man noch den vermeintlichen "ppp" errechnen. Also den "price per page".
Damit dann andere (Alternativgutachter) Ihren "ppp" in den Raum werfen können. Als Maßstab.....
Wird der Anwalt sich freuen, dass er neben seiner durchaus gerechtfertigten Vergütung auch noch den Undank eines Klienten als seinen Lohn zählen darf.
Unfassbar.
@andreashofmeister schrieb:Ich habe dann mal die 169 Seiten Einspruchsbegründung durch die 62 Objekte dividiert. Wenn man jetzt noch die Höhe der Honorarrechnung wüsste, dann könnte man noch den vermeintlichen "ppp" errechnen. Also den "price per page".
Damit dann andere (Alternativgutachter) Ihren "ppp" in den Raum werfen können. Als Maßstab.....
Lässt sich doch nachvollziehen:
83,1 Stunden á 300 EUR = 24.930 EUR
geteilt durch 162 Seiten = 153,89 EUR / Seite
Vermutlich mit dem Stundensatz aber billiger als wenn nach Streitwert / Gegenstandswert abgerechnet worden wäre ...
@taniafiwi schrieb:Wird der Anwalt sich freuen, dass er neben seiner durchaus gerechtfertigten Vergütung auch noch den Undank eines Klienten als seinen Lohn zählen darf.
Unfassbar.
Davon weiß der Anwalt ja (noch) nix......
Was wird das ein Ereignis, wenn sich Mandant und Anwalt hier wiedertreffen. Hätte den "DATEV-MyKanzlei" vielleicht als Kommuniationsmedium im Vorfeld eine bahnbrechende Erleichterung bieten können?
Unternehmen Online, KlarTax mit Grundsteuermodul? Wer vermag das beurteilen?
@Thomas_Kahl Moment.......das sind doch bestimmt noch ordentlich Porto- und Auslagenersatz dabei....., oder?
@andreashofmeister schrieb:Wenn man jetzt noch die Höhe der Honorarrechnung wüsste, [...]
Der RA hat rund 25.200,00 Euro ohne USt berechnet. 83,1h x 300,00 Euro
Lustig ist jedoch, es wird sich über 25.200,00 Euro beschwert. Der RA hätte bei einem Streitwert von 27.500.000,00 Euro bei einer 1,3 Gebühr auch 120.430,70 Euro berechnen können.
Jetzt kommt eine Grundschulfrage: Welche Zahl ist größer? 25.200 oder 120.430,70???
[Edit] Mann sollte jedoch prüfen, ob eventuell für die Rechnung des RA eine Amtshaftung in frage käme. Aber vorsicht, hierfür wird der RA auch eine Rechnung stellen. Bei der Amtshaftung kommt es tatsächlich auf das Verhaltsn des FAs und die Gründe an wie das FA die Bescheide berechnet hat. Bei uns häufen sich die Einsprüche, die vom FA bezahlt werden, weil Bescheidgrundlagen nicht nach der Rechtslage ermittelt werden, sonder nur noch nach dem Muster "Ich mach das so, weils das so [für das FA] richtig [nach dem subjektiven Rechtsempfingen des Beamten] ist".
@fraglose schrieb:Ist es üblich bei 62 Gebäude(-teilen) einen Einspruch von knapp 169 Seiten zuzüglich Anlagen zu verfassen? Zudem wird ganz viel auf ein Rechtsgebiet verwiesen, was mit dem Steuerrecht nichts! zu tun hat. Wieso ist der Einspruch so umfangreich? Reicht nicht auch für jedes Gebäude ein paar Sätze?
War das Ergebnis nicht 27,5 Millionen weniger Grundstückswert? Könnte mich täuschen, aber das ist doch mal ein echt guter Deal! Immerhin sind das 443.500 Euro pro Gebäudeteil! Von wieviel Hektar Gebäude reden wir bitte?
Aber okay, mal sehen: Ja, der Einspruch hätte sicher mit einer halben Seite erfolgen können. Ergebnis der Änderung 0! Und die RA-Gebühr oben drauf. Wenn Sie ein gutes Ergebnis wollen müssen Sie investieren. Sollte man bei solch einem hohen Besitz eigentlich wissen.
Stellen Sie sich mal folgendes vor: Der RA hätte hier ca 10 Stunden abgerechnet und in der Zeit sich nur halbherzig mit der Sache beschäftigt. Die investierten 3000 Euro hätten dann beim RA für wenig Investition zu gutem Ertrag geführt. Bei Ihnen wäre es eine PillePalle-Investition die zu gar nichts geführt hätte. So aber haben Sie jetzt wieviel investiert? 25.000? Nehmen Sie die Ersparnis über die nächsten 10 Jahre und rechnen Sie das entgegen. Jetzt sollte nämlich eine WIN-WIN-Situation raus kommen. Beide Seiten haben eine hohe Investition und einen hohen Ertrag.
Ich bin ja kein RA, aber mein Chef will auch nicht immer verstehen, dass es ohne Investition nicht geht. Und jedes Mal wenn es in die Binsen geht, sage ich mir selbst "na, siehste selbst dass es doof war...".
P.S.: Der Anwaltsstundensatz von 300 Euro/h ist jetzt auch nicht hoch für das was er Ihnen da gebracht hat. Der Gute hätte durchaus mehr verlangen können, immerhin ist er offensichtlich das Geld wert! Und ich hoffe er liest das hier mit.
@andreashofmeister schrieb:Der Freitag ist gerettet. Das wird bestimmt eine interessante Unterhaltung......
Ja, stimmt. Der Grund warum ich aus der Kanzlei ausgestiegen war, waren genau solche Situationen. Unzufriedene Mandanten, obwohl das Ergebnis stimmt.
Ich hatte die Grundsteuererklärung angefertigt. Der Bescheid wurde sodann erlassen. 8 Monate später fand eine Fahndungsprüfung statt und man warf mir plötzlich vor, Grundsteuer im Millionenbereich hinterzogen zu haben. Die Steuerfahndung versiebenfachte einfach den Unterschiedsbetrag der Grundsteuer. Das Finanzamt folgte dem Bericht der Steuerfahndung.
Der Anwalt nahm auf knapp 142 Seiten Stellung zur Bewertung der 89 Flurstücke. Zudem beanstandete er die Bewertung der Gebäude(-teile). Aufgrund des Einspruchs wurde der Änderungsbescheid aufgehoben. Der Anwalt sagt, dass auch die Einstellung des Strafverfahrens bald folgen dürfte. Zudem teilte mir der Anwalt mit, dass meine Erklärung falsch ist und einen um 3,35 Millionen zu hohen Grundsteuerwert hat. Er meinte ich müsste für den Änderungsantrag jedoch nichts zahlen, weil das nur zwei zusätzliche Sätze sind, die Begründung aber dieselbe sei. Er habe den Antrag mit dem Einspruch verbunden.
Ich bin mit dem Ergebnis hoch zufrieden. Aber ich wundere mich doch über die Rechnung von über 20000 Euro.
Zudem hat er eine Skizze angefertigt, die nochmals 54 Seiten benötigt. Ich wusste nicht, dass das überhaupt notwendig ist. Alleine für die Skizze hat er sage und schreibe 35 Stunden aufgeschrieben.
Bei der Anzahl von Gebäude(-teilen) ... kann man eigentlich nichts gegen den Zeitaufwand sagen. Ich weiß wie (zeit-)aufwendig eine Immobilienbewertung ist.
... und wenn sich schon die SteuFa einmischt, dann will jeder Schritt sorgsam überlegt sein.
mfg
Naja, es ist bei jedem Einspruch so: Je besser, detailierter und umfangreicher ich argumentiere, umso eher hat das Finanzamt keine andere Möglichkeit bzw. kein Interesse den Einspruch abzulehnen. Jeder "Beleg" den ich liefern kann, muss das Finanzamt erst einmal widerlegen - wenn es da hilfreich ist eine Skizze anzufertigen, dann ist das durchaus ein mögliches Mittel, das man (als StB oder RA) einsetzen kann. Gerade bei sehr komplexen oder umfangreichen Sachverhalten kann das enorm hilfreich sein.
@fraglose schrieb:Aber ich wundere mich doch über die Rechnung von über 20000 Euro.
Für das, was der Anwalt da geleistet hat, ist das in meinen Augen ein absolut angemessener Beitrag. Ich müsste jetzt nachschauen, wie hoch unsere Rechnung (als Steuerberater) für 89 Flurstücke mit 62 Gebäude(teile)n gewesen wäre - aber weit davon weg dürfte sie auch nicht gewesen sein. Bei einem Mandanten mit 21 Objekten standen nur für die Erstellung knapp 5000 Euro netto (berechnet nach Grundstückswert) auf der Rechnung, die Prüfung der Bescheide, Einsprüche usw. wurde dann noch obendrauf nach Zeit abgerechnet.
Statt dich also über die Rechnung zu wundern, solltest du ihm lieber noch einen Präsentkorb hinstellen, dass er dir aus der selbstverursachten Patsche geholfen hat.
[...] für 89 Flurstücke mit 62 Gebäude(teile)n gewesen wäre
Nur zum Vergleich, wir nehmen mindestens 300,00 Euro je Erklärung. Bei 89 Erklärungen wären wir bei 26.700,00 Euro.
Ja ein Präsentkorb ist wirklich angemessen. Nicht nur das der Einspruch gewonnen wurde, auch die Steuerfahndung und damit ein Steuerstrafverfahren ist abgebügelt. Allein das Strafverfahren ist das Geld wert.
@rschoepe schrieb:
die Prüfung der Bescheide, Einsprüche usw. wurde dann noch obendrauf nach Zeit abgerechnet.
Wo wir gerade dabei sind: an unsere Mandanten ging damals auch die klare Ansage, dass wir das nur bei den Grundsteuererklärungen machen, die wir auch erstellt haben. Es kamen dann trotzdem genug an, die es selbst gemacht hatten und sich dann wunderten, warum das Finanzamt anderer Meinung war. Wenn man an der falschen Stelle spart …
Sie sind der Meinung Ihr Anwalt habe mit Kanonen auf Spatzen geschossen und jetzt ist Ihnen die Munition zu teuer, weil Sie glauben ein Nudelholz hätte es auch getan?
Bei der Größenordnung, die hier im Raum steht, würde ich vermuten dass Sie bereits mit einem Bein im Knast waren. Aber das können andere hier sicherlich besser und kompetenter einschätzen.
Da sich der TE über die Höhe der Beratungsleistung gewundert hat, darf er doch hier die Frage dazu stellen. Ich denke aus den Beiträgen hier wird er ersehen können, dass das was sein Fachanwalt geleistet hat, durchaus seine Berechtigung hat.
mfg
Ich war deshalb erstaunt, weil mein Steuerberater nur 200 € pro Stunde nimmt. Der wollte das Einspruchsverfahren aber nicht führen, weil bereits die Finanzbehörde das Ermittlungsverfahren an die Staatsanwaltschaft abgegeben hatte. Zudem habe er nicht die Kapazitäten alle 116 Flurstücke des Grundstücks und die Gebäude zu überprüfen. Ich dachte mit 100 € mehr pro Stunde geht auch eine Zeitersparnis einher.
es war aber nur eine Erklärung.
Kurz nach der Abgabe an die Staatsanwaltschaft bekam ich die Aufforderung, einen Rechtsanwalt oder Hochschullehrer als Verteidiger zu nennen. Anderenfalls werde die Staatsanwaltschaft eine Beiordnung eines Verteidigers bei Gericht beantragen.
Ich dachte aber, dass mein Steuerberater trotzdem hätte tätig werden können. Er lehnte das wie bereits geschrieben kategorisch ab.
@fraglose schrieb:es war aber nur eine Erklärung.
Die 89 Flurstücke bilden EIN großes, zusammenhängendes Grundstück mit den 62 Gebäuden und Gebäudeteilen drauf? Hast du da ein altes Kasernengelände gekauft, oder was ist das? 😲
Ich kann den Steuerberater verstehen, auch ich mache das so, wenn strafrechtliche Gründe mit einfließen, dass dann ein Volljurist zumindest mit ins Boot kommt oder die Leitung des Falls übernimmt.
mfg
Schon mit einem Bein im Knast, bei der Höhe der mutmaßlichen Steuerhinterziehung. Sich dann über rund 25.000 Euro Honorar wundern, die im Rahmen der V+V sogar noch WK sind? Selbst wenn der Anwalt in der Hälfte der Zeit nur die Wand angestarrt hat, ist das ein echtes Schnäppchen...
@fraglose schrieb:
Ich dachte aber, dass mein Steuerberater trotzdem hätte tätig werden können. Er lehnte das wie bereits geschrieben kategorisch ab.
Und hat Ihnen damit vermutlich einen großen Gefallen getan (ich bin StB, und wenn Sie unbedingt im Steuerstrafverfahren zu lebenslänglicher Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt werden möchten, lassen Sie sich von mir verteidigen).
Nicht so einen großen Gefallen hat sich selbst vermutlich der RA getan, als er den Stundensatz mit Ihnen vereinbart hat. Ich tippe mal darauf, dass bei den im Raum stehenden Gegenstandswerten etwas sechsstelliges herausgekommen wäre. Schauen Sie doch mal in die Vergütungsvereinbarung, ob da drin steht: "Stundensatz EUR 300 oder die höhere gesetzliche Gebühr". Falls das da drin steht, hat der RA Ihnen vermutlich gerade das Studium eines seiner Kinder geschenkt.
Der Wert der Gesamtleistung des RA (seine Leistung ist nicht "viele Seiten geschrieben" - das kann lipsum.org auch - seine Leistung ist "Probleme sind weg, GBW ist niedriger, Grundsteuer aller folgenden Jahre deutlich niedriger") dürfte weit über seinem Honorar liegen.
Hach herrlich, als hätte man es fast ahnen können......
Ich hatte die Grundsteuererklärung angefertigt.
@fraglose Reparieren Sie die Bremsen Ihres Autos auch selber?
Ich für meinen Teil fahre da zur Werkstatt meines Vertrauens und gönne dem Inhaber der Werkstatt seinen Gewinn und den fleißig arbeitenden KFZ-Mechanikern Ihren Lohn.
--> Sachen für Profis gibt man an Profis.
Und 300 € je Stunde? Der RA hat Ihnen einen echten Gefallen getan.
@fraglose schrieb:
Ich bin mit dem Ergebnis hoch zufrieden. Aber ich wundere mich doch über die Rechnung von über 20000 Euro.
Die Rückmeldungen hier sollten Ihnen gezeigt haben, dass Sie gut damit beraten wären, die Rechnung an Ihren Anwalt schnellstmöglich zu bezahlen und Ihm direkt noch eine Flasche guten Champagner hinzustellen, als Dank dafür, dass er Ihnen einen Aufenthalt im Café Viereck erspart hat.