Liebe Community-Mitglieder,
gibt es Erfahrungen und / oder Meinungen dazu, ob neben der Speicherung der Mail in der Dokumentenablage auch ein Postausgang sinnvoll/notwendig ist?
Steht die gespeicherte Mail mit Absender/Empfänger in der Beweisqualität nicht ggf. höher als der Postausgang?
Vielen Dank
Hallo,
bei den E-Mails legen wir keinen Postausgang an, weil ich da immer sehe, wann die raus sind.
Bei uns habe ich die Büroanweisung herausgelegt, nach der auch bei E-Mail-Nachrichten der Postausgang /-eingang erfasst werden muss.
Meine Überlegung kommt vom Worst-Case-Szenario her: Muss ich nachweisen, wann eine Nachricht die Kanzlei verlassen hat, kann ich damit argumentieren, dass sämtliche Postein- und -ausgänge im Postbuch erfasst werden; mit anderen Worten: das Postbuch ein vollständiges Abbild der Berufsrelevanten Nachrichtenverkehre ist. Weist das Postbuch Lücken aus, weil diese Aus- und Eingänge nicht erfasst werden, können Sie das Argument, dass der streitige Postausgang, weil nicht erfasst die Kanzlei auch nicht verlassen hat. Folge wäre dann, dass ein Verschulden bei der Fristversäumnis gegeben ist.
Das die Postein- und -ausgangserfassung, positiv gewendet, alles andere als workflow-freundlich ist, brauchen wir in diesem Kontext nicht zu debattieren.
Diese (Hinter) Gedanken hatte ich bei der Fragestellung.
Das Postausgangsbuch ist per sé kein Beweis des tatsächlichen Postausgangs, sondern reicht als Indiz nur einer sauber geführten Dokumentation desselben.
Die Frage ist, ob die gespeicherte Mail eine höhere Beweiskraft des tatsächlichen Versendens hat, als das Postausgangsbuch (ich meine ja - Technikwissende?).
Allerdings haben Sie ganz klar insofern absolut recht, als dass der Anscheinsbeweis der "anderen" Postausgänge - z.B. Brief- durch die lückenlose Erfassung auch der Mails (im Fall der Fälle) eher positiv bewertet werden dürfte.
Die Frage ist, ob die gespeicherte Mail eine höhere Beweiskraft des tatsächlichen Versendens hat, als das Postausgangsbuch (ich meine ja - Technikwissende?).
Ich würde sagen: Nein: die Manipulationsmöglichkeiten sind vielfältig. In der Anlage habe ich eine solche Manipulation - fast mit Bordmitteln - durchgeführt. Ich habe einfach das Sendedatum der Nachricht geändert.
Damit können Sie sich den "Beweiswert" der E-Mail-Nachricht selbst bewerten.
Wir archivieren alle Mails. Früher mit der DATEV E-Mail-Verschlüsselung. Jetzt mit Mailstore.
Die Diskussion, ob E-Mails im Postausgangsbuch erfasst werden müssen, kenne ich zur Genüge. Sie wurde in meinem alten Büro ausführlich und teils emotional geführt.
Die Frage ist doch: was will ich beweisen?
Will ich beweisen, dass am Tag xy 126 Mails das Haus verlassen haben? nicht 125 und nicht 127 sondern genau 126??. Wohl eher nicht. Obwohl ich selbst das aus der Dokumentablage filtern kann.
Ich meine, ich will doch beweisen, dass eine der 126 Mails mit einem Einspruch in Sachen Müller an das Finanzamt ging. Und da bin ich voll und ganz bei aschreiber: die Mail an sich ist ein höherer Beweis, als ein Eintrag im PA-Buch. Die höhere Beweiskraft bezieht sich sogar auch auf den Inhalt: sowohl für Text und vor allem bezüglich der Anhänge.
Das gute alte PA-Buch beweist doch nur, dass ein Brief abends im Sekretariat lag (vielleicht noch stichpunktartig der Inhalt), das Haus verlassen hat und von den für gewöhnlich zuverlässigen Mitarbeitern in den Briefkasten geworfen wurden. Damit konnte ich den Beweis führen: was im PA-Buch steht, wurde auch verschickt.
@agmü: ein Beweis, wann eine Nachricht das Haus verlassen hat, kann ich gerade nicht allein mit dem Argument führen, alles sei ins PA-Buch einzutragen. Ich brauche zusätzlich den "für gewöhnlich zuverlässigen Mitarbeiter", der den Poststapel in den Briefkassten wirft.
Vor allem aber ist PA-Buch allein kein vollständiges (!) Abbild des Nachrichtenverkehrs. Das war es auch früher im Papier-Zeitalter nicht. Wenn ich diesen Beweis der Vollständigkeit führen will, müssen vielmehr Vorkehrungen getroffen werden, dass das PA-Buch vollständig ist. Das heißt: wie stelle ich sicher, dass alle Nachrichten vollständig ins PA-Buch reinkommen? Ich bezweifle, dass das allein mit der Anweisung gelingt. Auch beim E-Mailverkehr muss das überwacht werden oder organisatorisch/technisch sichergestellt sein muss. In der Praxis erscheint mir das beim E-Mailverkehr ohne System wie Mailstore unmöglich. (bei Mailstore wäre aber genau das mein „PA-Buch“)
Beim Papier-Nachrichtenverkehr erfolgte die „Kontrolle der Vollständigkeit“ prozessintegriert: sämtlicher Papier-PA wurde von den Mitarbeitern im Sekretariat abgeworfen. So etwas müsste dann auch für Mails erfolgen, was ich mir nur in Ausnahmefällen vorstellen kann.
@Gelöschter Nutzer, Ihr solltet Euch die Frage stellen: was wollt Ihr mit dem PA-Buch erreichen? Daraus wird dann der Prozess abgeleitet und dieser Prozess muss dann natürlich im Orga-Handbuch (oder wo auch immer) dokumentiert werden.
Wichtig erscheinen mir die Fragen:
Da ist mir noch keine wirklich praktikable Lösung eingefallen: Mailstor-Systeme sichern zwar die Vollständigkeit à doch allein darin finde ich im Tagesgeschäfts nicht wieder.
noch mal @agmü zur Manipulation. Ja, natürlich kann ich manipulieren. Ich kann aber auch ein Papier-PA-Buch mit genügend krimineller Ernergie manipulieren. Das ist hier aber nicht das Thema. Hier müsste die Gegenpartei zumindest den Anfangsverdacht vortragen, dass ich meine Systeme manipuliert habe.
@Schluchtensauerser schrieb:
@agmü: ein Beweis, wann eine Nachricht das Haus verlassen hat, kann ich gerade nicht allein mit dem Argument führen, alles sei ins PA-Buch einzutragen. Ich brauche zusätzlich den "für gewöhnlich zuverlässigen Mitarbeiter", der den Poststapel in den Briefkassten wirft.
a) die für gewöhnlich zuverlässige Mitarbeiterin setze ich voraus
b) bei meinem in 20 Berufsjahren bisher einzigen Wiedereinsetzungsantrag hatte ich die Konstellation, dass eines der beiden Dokumente in der Gerichtsakte aufgetaucht ist (das EB des Strafbefehls), der zeitgleich eingelegte Einspruch dagegen ist angeblich nie zur Gerichtsakte gelangt. Durch den Nachweis, dass beide Schreiben die Kanzlei gemeinsam verlassen haben war die Wiedereinsetzung ohne lange Darlegung der Zuverlässigkeit der Mitarbeiterin eine Formalie.
Beim E-Mail-Versand haben Sie aber eher das Problem, dass ggf. nicht der/die Mitarbeiter-in den Versand veranlasst hat, sondern Sie selbst. Dann wird schon kritisch. Der Vortrag, dass jeder E-Mail-Versand, wie jeder normale Postversand im Postausgangsbuch erfasst wird dürfte dann schwer anzugreifen sein.
Wichtige Schreiben wie Einsprüche reiche ich immer per Fax ein. Das ist für mich genauso einfach wie eine Email. Der Vorteil ist das ich ein Sendeprotokoll erhalte, welches als Beweis immer akzeptiert wird. Auch eine Dozentin, die vom Finanzamt ist, rät immer zu einen Fax. Einen besseren Beweis kann man nicht führen.
Gruß Achilleus
@Gelöschter Nutzer ,
... ich hatte nie konkret ein Problem damit, dass der Zugang eines Schreibens per Fax angezweifelt wurde, aber mMn spielt es eine Rolle (oder hat jedenfalls noch vor VoIP-Zeiten eine Rolle gespielt), ob man ein Fax mit einem 'richtigen' Faxgerät oder aus dem Computer heraus mit einer Fax-Software sendet oder empfängt.
Da heute die Telefonie entweder schon komplett oder fast komplett über VoIP abgewickelt wird, würde mich die Rechtslage sehr interessieren.
Die rechtswirksame und rechtzeitige Zustellung von Dokumenten ist ein Dauerbrenner in der Praxis.
RAs wissen hier sicher Bescheid.
Faxe werden auch über VoIP genauso akzeptiert wie bisher.
Daher sehe ich hier kein Handlungsbedarf.
... natürlich werden Faxe akzeptiert, solange niemand die (rechtzeitige) Zustellung anfechten will.
... es wäre aber spannend zu erfahren, ob es hier tatsächlich schon zu Gerichtsverfahren gekommen ist bezüglich der Wahrung einer Frist oder des Nachweises der Zustellung eines Schreibens per Fax.
.. nur so am Rande:
Ich hatte mal wenige Minuten vor Fristablauf ein Fax an eine Stadtverwaltung gesandt.
Die Sachbearbeiterin war der Meinung, die Frist sei versäumt, weil das Faxprotokoll schon eine Uhrzeit NACH Mitternacht anzeigte. Allerdings lag es in diesem Fall an einer fehlenden Synchronisation mit einem Zeitserver 😃
Ich hatte einmal einen Einspruch per Fax eingelegt und dachte die Sache wäre damit erst einmal erledigt. Später hatte ich festgestellt, dass der Sachbearbeiter mein Fax nicht erhalten hatte und meinte, damit wäre mein Einspruch erledigt durch Fristablauf. Aufgrund meines Sendeprotokolls konnte ich den rechtzeitigen Versand und auch den Empfang beim Finanzamt beweisen. Mir wurde damit Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gewährt und alles war gut.
Denn beachte:
Faxe können nur erfolgreich versandt werden, wenn es zu einem sog. Handshake-Signal kommt. Der Empfänger muss also dem Absender die Empfangsbereitschaft elektronisch melden. Damit ist immer der Empfang gewährleistet, wenn es zu keinem Sendefehler kommt.
Bei einer Email ist das etwas anders. Da werden die Daten über Server versendet. Auf die Empfangsbereitschaft kann man sich dabei nicht verlassen. Auch muss der Empfang auch nicht immer bestätigt werden. Das kann jeder selbst entscheiden, ob er dem Absender eine Empfangsbestätigung zusenden will. Aber selbst die Empfangsmail ist IMO nicht beweiskräfig genug, daher mein Hinweis auf das Fax.
Gruß Achilleus
Die geringe Quote an Wiedereinsetzungsanträgen liegt daran, dass bei uns die Kanzleianweisung herrscht: bei fristgebundenen Schreiben die per Fax versendet werden muss beim Empfänger angerufen und nachgefragt werden ob das Schreiben a) eingegangen und b) vollständig und lesbar ist.
Was bedeutet, dass Fristen spätesten um 12:00 Uhr aufs Fax müssen.
das beA hat insoweit die Arbeit deutlich erleichtert.
Die Notwendigkeit, einen E-Mailzugang nachzuweisen, hat sich bei uns in vielen Jahren noch nicht ein einziges Mal ergeben. Gleichwohl ist das natürlich nicht ausgeschlossen.
Nach meinem Kenntnisstand kann jedoch nur ein Mailserver (z.B. MailStore) dies revisionssicher dokumentieren, da dieser den Emailverkehr unmittelbar protokolliert. Daher haben wir uns dafür entschieden. Ein Archivieren in DMS/DokAb kann diesen Zweck nicht erfüllen.
Gleichwohl archivieren auch wir ausgehende E-Mails zusätzlich in DMS - jedoch nicht vollumfänglich. M.E. sollte die Kanzlei EINE zentrale Dokumentendrehscheibe haben. Für flüssige Prozesse sollte daher E-Mailverkehr dem Mandanten/Auftrag stets zugeordnet werden, wenn er nutzerübergreifende Kenntnis erlangen soll und höchstwahrscheinlich später wieder aufgerufen werden wird. Dies ist aber tatsächlich nicht unerhebliche Mehrarbeit.
Verfährt noch jemand wie wir? Freue mich über Anmerkungen.
Da ich gerade gefragt wurde, ob wir nach einem Jahr die Lizenz für den MailStore-Server verlängern wollen, bin ich auf diesen Artikel gestoßen.
Zum einen ist mir aufgefallen, dass wir MailStore nicht ein einziges Mal gebraucht haben, zum anderen finde ich weder in den Postfächern, noch im Archiv von MailStore, ob unsere ausgehenden Nachrichten genehmigt wurden und tatsächlich das Haus verlassen haben.
Jede ausgehende Nachricht von unseren Mitarbeitern muss von einem Berufsträger freigegeben werden, erst dann geht sie tatsächlich raus. Näheres ist hier beschrieben, leider bislang ohne hilfreiche Kommentare:
4-Augen-Prinzip beim Versenden von E-Mails mit Outlook und/oder DMS
https://www.datev-community.de/t5/ideas/ideapage/blog-id/Ideen-zu-DATEV-DMS/article-id/232#M232
Auch ist es so, dass die vermeintlich gesendete Nachricht das Gesendet-Datum trägt, als sie zur Genehmigung versandt wurde. Die Berufsträger haben nun die Möglichkeit, den Versand zu genehmigen oder abzulehnen. Die Aufforderung zur Genehmigung wird ebenso archiviert, jedoch nicht das Ergebnis.
Einen Einspruch habe ich kürzlich wieder aus Post, Fristen und Bescheide per ELSTER übermittelt. Das hat gut funktioniert und ich bekam auch die Empfangsbestätigung der Finanzverwaltung, die ich dann per E-Mail als Anhang an den Mandanten weiterleiten konnte.
Ob jedoch ein Mitarbeiter den Einspruch vorbereiten kann und ein Berufsträger diesen dann versenden kann, haben wir noch nicht herausgefunden. Vermutlich muss dies in der Fristerfassung als Notiz erfasst und der für die Frist zuständige geändert werden.
Zur "flüssigen Dokumentendrehscheiben" geht es hier:
"Pinnwand" - Austausch zwischen Mandant / Kanzlei DMS neu Nahtstellen 5: das P von PFB muss die DMS neu ersetzen
Ein im Rechenzentrum liegender DATEV Arbeitsplatz mit DMS online könnte alle Informationen bündeln.
Workflow Tool mit DATEV Schnittstelle
Würden dann die Datenbanken von Unternehmen online, MyDATEV, DATEV meine Steuern und SmartExperts mit denselben Stammdaten arbeiten, wäre recht schnell auch ein schönes, intuitives Dokumentenmanagementsystem mit Vorgangssteuerung dabei.
E-Mails bräuchte es dann nicht mehr. Der Blick ginge häufiger auf diese Anwendung als auf Outlook.