Liebe Community,
vielleicht gibt es den ein oder anderen der einen ähnlichen Fall schon mal hatte. Ich versuche mich kurz zu fassen:
Kauf Immobilie in 2017 wird zu 100% vermietet ( 3 Mieter)
im Jahr 2018, 2019, 2020 wird umfangreich renoviert und die 15% Grenze wird überschritten. Dennoch werden die Erhaltungsaufwendungen in den Bescheiden in vollem Umfang zum Werbungskostenabzug zugelassen.
Die Steuerbescheide 18,19,20 ( sind alle rechtskräftig, kein VDN , keine punktuelle Vorläufigkeit bzgl. V+V Einkünften.
Die Erklärungen werden immer auf das Steuerjahr folgenden Jahr eingereicht.
Ab 2021 wird der Vorbehalt der Nachprüfung gesetzt. Dto im Jahr 2022.
Im Jahr 2024 nun kommt die Außenprüferin und ändert nach § 175 Abs.1 Nr. 2 AO ( Rückwirkendes Ereignis) die Steuerbescheide der Jahre 2018 und die Jahre 2019 und 2020 wg. neuer Tatsachen § 173 AO.
Die kleinen Fehler der Jahre 2021 und 2022 sind unbeachtlich.
Meine Frage / Lösung : für die Jahre 2019 und 2020 ist der Änderungsgrund auf jeden Fall falsch weil neue Tatsachen nicht exisiteren. Der Veranlagung war bekannt das die 15% Grenze überschritten wurde ( wenn Sie 3 Zahlen zusammengezählt hätte, zudem hätte bereits für 2018, 2019 und 2020 eine punktueller Vorläufigkeit bzgl. V+V Einkünfte oder ein VDN gesetzt werden können. DAs ist nicht passiert. Daher sind aus meiner Sicht die Jahre 2019 und 2020 nicht änderbar.
Problem ist das Jahr 2018 wg. rückwirkendem Ereignis. In der AEAO habe ich das Bsp. mit der 15% Grenze gefunden welches dazu führt dass für 2018 , § 175 anwendbar sein soll ? Mein Rechtsgefühl sagt mir das das eigentlich nicht sein kann. Dennoch habe ich in Tipke/Kruse , Internet , KI usw. nichts einschlägiges gefunden. Daher meine Frage an die Schwarmintelligenz. Hatte so etwas schon jemand oder einen vergleichbaren Fall und wurde wie gelöst ?
Für Informationen bin ich immer dankbar.
Also ich finde die Frage ohne genaue Datumsangaben schwierig zu beantworten.
Aber grundsätzlich:
§ 175 AO stellt ja auf den Eintritt eines Ereignisses ab, das nach Enstehen der Steuer und nach Erlass des Bescheides eingetreten ist.
Bei dem geschilderten Fall würde ich wie folgt lösen:
2018 änderbar nach 175, da Steuer bereits entstanden und Bescheid erlassen, bevor 15%-Grenze in 2020 gerissen.
2019 änderbar nach 175, w.o., wenn Bescheiderlass vor reißen der 15%-Grenze in 2020, andernfalls nicht, allerdings mMn 173, da Finanzamt Tatsachen erst mit Abgabe der Erklärung 2020 in 2021 bekannt geworden sind
2020 nicht änderbar, da mit Abgabe der Erklärung in 2021 sowohl Ereignis in 2020 eingetreten als auch Tatsachen mit Erklärung 2020 bekannt. (vgl. AEAO 175)
Leider Ablauf der Festsetzungsfrist insgesamt erst 2024, da Ereignis in 2020 eingetreten ist und damit Beginn erst mit Ablauf 2020, also auch hier kein Ansatzpunkt.
Wenn 15%-Grenze bereits in 2019 gerissen: auch 2019 nicht mehr änderbar, Begründung analog, außerdem Ablauf Festsetzungsfrist bereits 2023, da Ereigniseintritt in 2019, Start Festsetzungsfrist Ablauf 2019, 4 Jahre
Vergleichbare Fälle habe ich bisher immer im Vorfeld so lösen können, dass ich die Erhaltungsaufwendungen taggenau zugeordnet habe und genau abgegrenzt habe, ob es sich um laufende, übliche Renovierungsarbeiten gehandelt hat und diese dann ebenfalls abgegrenzt habe (Malerarbeiten z.B.). Bisher hatte ich immer das Glück, dass das Finanzamt damit dann zufrieden war.
Die Frage wird sein: ließ sich aus den übermittelten Daten erkennen, dass es sich um Aufwendungen im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG handelt?
Falls nicht, wird das FA diese Erkenntnis als "nachträglich bekanntgewordene Tatsache" ansehen. Das nachträgliche Bekanntwerden ist dann auch das rückwirkende Ereignis.
Falls es aus der Erklärung/Belegen ersichtlich war, dass es sich um nachtr. HK handelt: prüfen, ob das rückw. Ereignis nicht schon zu lange zurück liegt für eine Änderung.
Stimme zu, das müsste man m. E. wirklich ganz genau aufdröseln hinsichtlich Tagen und Art des Erhaltungsaufwands, dazu gibt es ja ein BFH Urteil. Ansonsten dürfte für 2018 § 175, wenn auch mit Störgefühl, anwendbar sein. Mir fällt ad-hoc nichts ein, was dagegen spricht. Elementar dafür ist auch die Vorlage der Belege beim Finanzamt zur Veranlagung. Daraus können, egal ob von der Beratung aufbereitet oder nicht, alle nötigen Erkenntnisse ermittelt werden.
Nebenschauplatz: ist es in der letzten Zeit Mode geworden, unabhängig eines VDN Fälle zu prüfen oder nur meine Wahrnehmung?
Was hätten Sie denn gerne an genauen Daten /Datums ?
die 15% grenze wurde in 2020 gerissen ,nicht schon in 2019.
PO wg. Hemmung erging am 15.3.2024. Dort war 2018 bereits festsetzungsverjährt ( 2019+4 = 31.12.2023. Damit m.E. 2018 nicht mehr änderbar.
2019 und 2020 ändert das FA wg.neuer Tatsachen die es nicht gibt, die Tatsachen waren bereits bei der Veranlagung bekannt.
kurze Frage zur Außenprüfung - ist die Prüfung nach § 193 AO zulässig?
Ich hatte bei einer V+V noch nie eine Außenprüfung nur im Rahmen der laufenden Veranlagung extrem viele Nachfragen, da eine spätere Prüfung sehr selten statt finden kann (siehe AO § 193 Abs 1 iVm § 147a).
@Chris607 schrieb:Stimme zu, das müsste man m. E. wirklich ganz genau aufdröseln hinsichtlich Tagen und Art des Erhaltungsaufwands, dazu gibt es ja ein BFH Urteil. Ansonsten dürfte für 2018 § 175, wenn auch mit Störgefühl, anwendbar sein. Mir fällt ad-hoc nichts ein, was dagegen spricht. Elementar dafür ist auch die Vorlage der Belege beim Finanzamt zur Veranlagung. Daraus können, egal ob von der Beratung aufbereitet oder nicht, alle nötigen Erkenntnisse ermittelt werden.
Nebenschauplatz: ist es in der letzten Zeit Mode geworden, unabhängig eines VDN Fälle zu prüfen oder nur meine Wahrnehmung?
Es gab hier in Ba-Wü wenn ich mich richtig erinnere sogar ein Rundschreiben der Kammer das auch ohne VDN geprüft wird, sprich das ist kein Hinweis, auf anstehende Prüfung.
Ist zwar selten aber gibt es hin und wieder. Ich habe die AP nicht begleitet sondern wurde jetzt hinzugezogen als die belastenden bescheide der Jahre 2018ff eingingen.
Allerdings gehe ich davon aus die AP zulässig war.
Wobei ich gebe zu im Rahmen dieser AP - bei dieser Prüferin- ist vieles merkwürdig bzw. falsch. In 2021 hat sie dann noch Wallboxen (3 Stück) stehen den Mietern zur Verfügung zu den AHK des Gebäudes aktiviert und damit über 50 Jahre abgeschrieben.
Den Zuschuss (KFW 900 EUR je Wallbox) hat sie als zusätzliche Einnahmen aus V+Vqualifiziert, das sind die kleinen Fehler aus 2021.
die 15% Grenze wurde nicht Tag genau ermittelt. Die normalen Erh. Aufwendungen nicht ausgeschieden. Im Jahr 2018 gab es eine separate Liste mit den Erh. aufwendungen in 2019 und 2020 wurde jede Einzelposition in der Erklärung (Elster) aufgelistet. Sprich die Veranlagung hatte alle notwendigen Informationen.
Die Bearbeitungsfunktion lässt mich meine vorherigen Beitrag nicht bearbeiten daher nur noch zur Ergänzung zur Mandatierung. Ist einfach ein lange bestehendes Beratungsmandat weil es immer mal wieder Besonderheiten gibt.
Arbeiten in China , Arbeiten in der Schweiz und daher werde ich eben immer wen es Probleme gibt um Rat gefragt. Weil reine Neumandate lehne ich seit vielen Jahren ab.
@fränzeparuschkevitz schrieb:kurze Frage zur Außenprüfung - ist die Prüfung nach § 193 AO zulässig?
Nein, wir haben Prüfungsanordnungen in solchen Fällen erfolgreich angefochten und die Aufhebung erwirkt. Das Finazamt muss VuV-Fälle im Rahmen der Veranlagung abschließend prüfen (oder 164/165 anwenden).
Abgabenordnung (AO)
§ 193 Zulässigkeit einer Außenprüfung(1) Eine Außenprüfung ist zulässig bei Steuerpflichtigen, die einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten, die freiberuflich tätig sind und bei Steuerpflichtigen im Sinne des § 147a.
@cwes schrieb:Die Frage wird sein: ließ sich aus den übermittelten Daten erkennen, dass es sich um Aufwendungen im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG handelt?
Da nach der BFH-Rechtsprechung nahe zu alle Aufwendungen in die 15%-Grenze einzubeziehen sind, dürfte sich die Rechtsfrage nicht stellen. Dazu sind die Aufwendungen anhand der eingereichten Belege eindeutig zu erkennen. Die Belege sollten IMMER eingereicht werden um nachträgliche Änderungen nach §173 AO zu unterbinden.
@bodensee schrieb:
Allerdings gehe ich davon aus die AP zulässig war.
Wir haben das Gefühl, dass gar nicht mehr nach Recht und Gesetz geschaut wird, sondern nur noch nach dem Mehrergebnis. Dementsprechend ist es Ratsam gegen die Prüfungsanordnung (nahezu) immer Einspruch einzulegen.
Wehret den Anfängen (in einer Prüfung). Denn die Gerichte sind leider sehr stark auf Seiten des FAs, da die Richter teils keine Ahnung vom technischen Ablauf haben oder nicht die Sachkenntnisse haben (so schon vom Richter direkt gesagt bekommen). Die Entscheidungen waren immer sehr FA-Lastig. Auch geschuldet, dass viele ehemalige FA-Beamte bei Gericht arbeiten und die Sachlage den Richtern aufarbeiten inklusive ersten Einschätzungen (Berichterstatter, Gutachter bei Gericht, etc.).
Ich weiß ja nicht um welche Beträge es geht, aber unter Umständen lohnt sich der Aufwand die taggenaue Zuordnung noch nachzuholen. Bei der Gelegenheit kann man ja die reinen Erhaltungsaufwendungen auch direkt trennen (müssen Prüfer nicht eigentlich auch zugunsten des Mandanten prüfen…ich kann mich dunkel daran erinnern mal soetwas gelernt zu haben *Ironie off).
Da es sich für 2018 mMn unstrittig um ein rückwirkendes Ereignis handelt (15%-Grenze wurde tatsächlich erst in 2020 gerissen = rückwirkendes Ereignis), beginnt die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Jahres 2020 (= Eintritt des rückwirkenden Ereignisses) -> 175 (1) S.2
Damit ist sie auch für 2018 in 2024 noch nicht abgelaufen.
Gerade für das Jahr 2019 sind die genauen Daten der Abgabe der Erklärung, des Bescheides und des Zeitpunktes zu dem die 15% gerissen wurden wichtig:
Angenommen:
15% gerissen am 30.06.2020
Abgabe der Erklärung vor dem 30.06. und Bescheiderlass vor dem 30.06. -> rückwirkendes Ereignis, da Zeitpunkt des Eintritts sowohl nach Entstehung der Steuer als auch nach Bescheiderlass.
Abgabe der Erklärung vor dem 30.06. und Bescheiderlass nach dem 30.06. -> neue Tatsachen, da Zeitpunkt des Eintritts zwar nach Entstehung der Steuer, aber vor Bescheiderlass, da aber Erklärungsabgabe vor Eintritt keine Kenntnis des FA zum Zeitpunkt des Erlasses
Ebenso Abgabe der Erklärung nach dem 30.06. und Bescheiderlass nach dem 30.06, wenn beides vor Einreichung der Erklärung 2020.
ABER: wenn Bescheiderlass NACH Einreichung der Erklärung für 2020, dann möglicherweise keine neuen Tatsachen, da FA bereits vor Bescheiderlass Kenntnis nehmen konnte (durch Einreichung der Erklärung 2020)
2020 ist mMn definitiv nicht mehr änderbar, da weder rückwirkendes Ereignis noch neue Tatsachen, da bereits mit Erklärungsabgabe 2020 ersichtlich war, dass 15% gerissen wurden.
Deshalb sind die genauen Daten entscheidend. 🙂
Edit: wichtiger Halbsatz ergänzt (s. kursiv)
Nunja, aber so wie der Fall weiterhin grob geschildert wurde (Arbeit in China, Schweiz...), würde ich vermuten, dass das FA gute Chancen hat nach 193 (2) Nr. 2 AO eine Außenprüfung als zulässig zu bewerten...
Und der Schilderung des Falles kann auch nicht entnommen werden, ob §147a AO greift.
Der Vollständigkeit halber gebe ich hier noch den Hinweis:
Alle meine Aussagen hier geben meine Interpretation und Meinung wieder und stellen keine rechtsgültige, verbindliche, steuerliche Beratung dar, sondern lediglich ein Gedankenspiel darüber, wie gewisse Vorschriften interpretiert werden könnten und welche Konsequenzen daraus erwachsen könnten (nicht, dass mich hier noch jemand in die Haftung nimmt).
Wie immer kommt auf den Einzelfall an.
Da ich die Prüfung nicht begleitet habe konnte ich auch die PO nicht anfechten.
Ist aber auf jeden Fall noch ein Argument wenn auch verspätet vorgebracht.
Ich wollte keine rechtsverbindliche Beratung - die mache ich ja selber. Es ging mir wie die Überschrift sagt einfach um das Schwarmwissen der hier vorhandenen steuerlichen Intelligenz.
Danke.
Bei Ihnen habe ich mir da auch keine Sorgen gemacht, aber hier kann ja jeder mitlesen und sicher ist sicher. 😉
Wie gesagt ich war im Vorfeld nicht an Board. Sonst hätte ich natürlich als erstes die PO geprüft.
Allerdings gibt es ja auch noch den Absatz 2 und hier könnte sowohl Nr. 1 als auch Nr. 2 zutreffen, da hier in D oft auch Handwerker aus der Schweiz geholt werden und hier kommt es zum § 13b UStG ohne Vorsteuerabzug und Nr. 2 ist dann so eine Auffangvorschrift. Aber das ist hier jetzt eine Diskussion um des Kaisers Bart.
(2) Bei anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Steuerpflichtigen ist eine Außenprüfung zulässig,
1.
2.
3.
@steme schrieb:Nunja, aber so wie der Fall weiterhin grob geschildert wurde (Arbeit in China, Schweiz...), würde ich vermuten, dass das FA gute Chancen hat nach 193 (2) Nr. 2 AO eine Außenprüfung als zulässig zu bewerten...
Die Hürden hierfür sind schon recht hoch. Die Prüfung der 15%-Schwelle sollte in nahe zu allen Fällen im Amt prüfbar sein, mit Ausnahme des Elbtowers, Stuttgart21 oder BER. Das soll heißen, der Regelfall fällt nicht hier drunter.
Und der Schilderung des Falles kann auch nicht entnommen werden, ob §147a AO greift.
Ach hierbei handelt es sich mehr um eine seltenere Ausnahme als der Regelfall. Warscheinlicher dürfte sein, dass der Stpfl. Unternehmer ist und sei es nur mit diesen lästigen, ich melde mal aus Spass ein Gewerbe an.
So ein Fall besteht aber nicht nur aus V+V, auf die Sie sich hier so versteifen. 😉
@mic schrieb:
@steme schrieb:Nunja, aber so wie der Fall weiterhin grob geschildert wurde (Arbeit in China, Schweiz...), würde ich vermuten, dass das FA gute Chancen hat nach 193 (2) Nr. 2 AO eine Außenprüfung als zulässig zu bewerten...
Die Hürden hierfür sind schon recht hoch. Die Prüfung der 15%-Schwelle sollte in nahe zu allen Fällen im Amt prüfbar sein, mit Ausnahme des Elbtowers, Stuttgart21 oder BER. Das soll heißen, der Regelfall fällt nicht hier drunter.
Und der Schilderung des Falles kann auch nicht entnommen werden, ob §147a AO greift.
Ach hierbei handelt es sich mehr um eine seltenere Ausnahme als der Regelfall. Warscheinlicher dürfte sein, dass der Stpfl. Unternehmer ist und sei es nur mit diesen lästigen, ich melde mal aus Spass ein Gewerbe an.
§ 147a AO greift definitiv nicht. Allerdings liegen Auslandssachverhalte vor (Grenzgängerin in die Schweiz) und über diesen Weg komme ich dann schon in die Zulässigkeit m.E.